Material-Wissen. Visuelle und taktile Experimente in Kunst und Industrie

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2009, September 21st to 25th, Warburg-Haus, Hamburg

Vom 21. bis 25. Sep­tem­ber 2009 fand zum zehn­ten Mal der War­burg-​Stu­di­en­kurs des Kunst­ge­schicht­li­chen Se­mi­nars der Uni­ver­si­tät Ham­burg statt, der dies­mal zum Thema Ma­te­ri­al-​Wis­sen. Vi­su­el­le und tak­ti­le Ex­pe­ri­men­te in Kunst und In­dus­trie aus­ge­schrie­ben war.

Unter der Lei­tung von Prof. Dr. Mo­ni­ka Wag­ner (Kunst­his­to­ri­ke­rin an der Uni­ver­si­tät Ham­burg), Prof. Dr. Su­san­ne Küch­ler (An­thro­po­lo­gin am Uni­ver­si­ty Col­le­ge Lon­don) und Dr. Petra Lan­ge-​Berndt (Kunst­his­to­ri­ke­rin am Uni­ver­si­ty Col­le­ge Lon­don) kamen zwölf Nach­wuchs­wis­sen­schaft­ler und Nach­wuchs­wis­sen­schaft­le­rin­nen aus Groß­bri­tan­ni­en, Ös­ter­reich, Polen der Schweiz und Deutsch­land zu­sam­men, um im ehe­ma­li­gen Le­se­saal des War­burg-​Hau­ses ge­mein­sam ihre ak­tu­el­len For­schun­gen zu dis­ku­tie­ren. Dass der Ham­bur­ger Nach­wuchs be­son­ders stark ver­tre­ten war, lag nicht an einem mög­li­chen „Heim­vor­teil“, son­dern an der in­ten­si­ven For­schung, die im Um­feld des Ma­te­ri­al­ar­chivs am Kunst­ge­schicht­li­chen Se­mi­nar der Uni­ver­si­tät Ham­burg be­trie­ben wird.

Wie stark das wis­sen­schaft­li­che In­ter­es­se an der Ma­te­ria­li­tät künst­le­ri­scher Me­di­en, der Be­deu­tung der Ma­te­ria­li­en in den ver­schie­de­nen Küns­ten und an der Ree­va­lu­ie­rung der Ding­kul­tu­ren in den letz­ten Jah­ren ge­wach­sen ist, so dass nach vie­len an­de­ren me­tho­do­lo­gi­schen ‚turns’ nun von einem ‚ma­te­ri­al turn’ die Rede ist, wurde in den Bei­trä­gen aus ver­schie­de­nen Kul­tur-​ und Sprach­wis­sen­schaf­ten deut­lich.

Was Ma­te­ri­al im di­gi­ta­len Zeit­al­ter für die Kunst­ge­schich­te, die Eth­no­lo­gie, die An­thro­po­lo­gie oder die Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft be­deu­tet, wel­che ideo­lo­gi­schen Kon­zep­te mit Ge­gen­satz­paa­run­gen wie Ma­te­ri­el­lem und Im­ma­te­ri­el­lem, Wirk­li­chem und Vir­tu­el­lem, Ding vs. Schrift, Tak­ti­lem vs. Vi­su­el­lem ein­her­ge­hen, wurde im War­burg-​Stu­di­en­kurs Ma­te­ri­al-​Wis­sen eben­so en­ga­giert dis­ku­tiert wie die me­tho­di­schen Fol­gen des je­wei­li­gen Ma­te­ri­al­ver­ständ­nis­ses.

Dabei zeig­te sich, dass es Zeit für eine Ge­schich­te der Ma­te­ri­al­ver­wen­dun­gen und Ma­te­ri­al­b­e­deu­tun­gen in den Küns­ten ist. Of­fen­bar sind die Küns­te an einem Fort­le­ben von Ma­te­ri­al­wis­sen in Zei­ten grund­le­gen­der Ver­än­de­rung von Ar­beits­prak­ti­ken in­ter­es­siert, so dass das Wis­sen um Ma­te­ria­li­en auch kom­pen­sa­to­ri­sche Er­sat­zer­fah­run­gen ver­mit­teln kann. Vor allem aber ist Ma­te­ri­al eine an­schluss­fä­hi­ge Ka­te­go­rie, die es er­laubt, „high and low“, eu­ro­päi­sche und au­ßer­eu­ro­päi­sche Ar­te­fak­te in Be­zie­hung zu set­zen.

Das führ­te zu Fra­gen nach den Wech­sel­be­zie­hun­gen zwi­schen all­täg­li­chen Prak­ti­ken des Um­gangs mit Ma­te­ria­li­en und der „Ein­wan­de­rung“ sol­cher Prak­ti­ken in die Kunst und ent­spre­chen­den „Rück­wan­de­run­gen“, wie sie sich etwa in ak­tu­el­len In­sze­nie­rungs­stra­te­gi­en von Aus­stel­lun­gen be­ob­ach­ten las­sen.