Sigmar Polke. Eine Hommage. Bilanz einer Künstlerfreundschaft Polke/Staeck

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2011, JanuarMärz Sigmar Polke. Eine Hommage. Bilanz einer Künstlerfreundschaft Polke/Staeck, Akademie der Künste, Berlin (kuratiert von Klaus Staeck und Kirsten Klöckner in Zusammenarbeit mit Dorothee Böhm, Petra Lange-Berndt, Michael Liebelt und Dietmar Rübel)

»Er hat den Drucker, hat die Logistik, hat den Vertrieb und die Künstler.« SIGMAR POLKE

Klaus Staeck,Verleger und Künstlerkollege von Sigmar Polke (1941- 2010), öffnet seine privaten Archive und widmet einem der bedeutendsten Künstler Deutschlands eine sehr persönliche Ausstellung. Präsentiert werden 90 teils großformatige Blätter Polkes aus mehreren Jahrzehnten, bestehend aus Grafiken, Fotokopien, Rasterdrucke und Gouachen, dazu zahlreiche Plakate, Entwürfe, Andrucke und Rechnungen. Die berühmte »Kartoffelmaschine« von 1969, einem Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere umkreisen kann, steht im Zentrum des Polke-Kaleidoskops, umringt von Fotografien und kommentierten Zeitdokumenten. Ein großer Katalogfundus über und mit Sigmar Polke spiegelt die öffentliche Präsenz dieses politischen und experimentierfreudigen Künstlers wider, unzählige Faxnachrichten beschreiben die intensive und humorvolle Künstlerfreundschaft zwischen Polke und Staeck.

»Jeder, der Polke kannte, weiß, dass es nicht ganz einfach war, sich mit ihm zu verabreden und ihn zu treffen. Das ging auch mir nicht anders. Besonders innig kommunizierten später unsere beiden Faxgeräte. Ich habe weit über hundert Faxe aufbewahrt, in denen ich um einen dringenden Signier- oder Gesprächstermin bat. Wenn er gelegentlich einmal zurückrief, war die Freude groß; kam es dann gar zu einem Treffen, dauerte es meist viele Stunden und wurde immer zu einem kleinen Fest voller Heiterkeit und ironischem Schlagabtausch.« KLAUS STAECK

Darüber hinaus ist in der Ausstellung die zehnteilige Werkgruppe Wir Kleinbürger! Zeitgenossen und Zeitgenossinnen von 1974–1976 zu sehen. Lange Zeit waren die zehn Papierarbeiten vergessen, bis sie 2009 in der Hamburger Kunsthalle wiederentdeckt werden konnten. Damit wurde das Kleinbürger-Projekt zur letzten großen Ausstellung zu Lebzeiten des Künstlers. Jetzt wird die ungewöhnliche Werkgruppe noch einmal in Berlin, in der Akademie der Künste, zu sehen sein – erweitert um einige neu entdeckte Arbeiten und Materialien. Die großformatigen Gouachen auf Papier verdanken ihren Titel Hans Magnus Enzensbergers Essay über Die Unaufhaltsamkeit des Kleinbürgertums aus dem Jahr 1976. In den einzelnen Tableaux durchdringen und überlagern sich eine Vielfalt von Figuren, Spuren, Zeichen und Zitaten, aus Politik, Populärkultur, Ethnologie und der Geschichte der Kunst. Wie in seinem Frühwerk projizierte der Künstler gedruckte Vorlagen und übertrug diese von Hand auf die Bildträger. Mit dem Kleinbürger-Ensemble rücken die politischen Aspekte der Kunst von Sigmar Polke in den Blick. Eines der anschaulichsten Zeugnisse dieser Auseinandersetzung mit politischen Themen der Zeit ist die gemeinsam mit Achim Duchow, Astrid Heibach und Katharina Steffen zusammengestellte Künstlerzeitung Day by Day... They Take Some Brain Away. Sie entstand 1975 anlässlich der Biennale von São Paulo. In einer wilden Mischung aus Sex, Revolution und Sensation wird die Härte der damaligen politischen Kämpfe präsentiert: Linker Befreiungspathos trifft bei Polke & Co. auf die Männerfantasien der bürgerlichen Presse. Auch die Fotografien der Wahlplakate für das Künstlerbuch Bizarre machen verdrängte Wünsche und Ängste in der damals immer noch jungen BRD sichtbar.

Die Ausstellung Sigmar Polke – Eine Hommage wird kuratiert von Klaus Staeck und Kirsten Klöckner in Zusammenarbeit mit Dorothee Böhm, Petra Lange-Berndt, Michael Liebelt und Dietmar Rübel.